Was ist ein gutes Leben?

Die Corona-Krise verliert mit jedem weiteren Tag ihren einstigen Schrecken, die realen wie instrumentalisierten Ängste sind scheinbar nur mehr für ein paar wenige existent, während die breite Masse nicht die “neue” sondern die “alte” Realität herbeisehnt. Die Kühlschränke sind praller gefüllt denn je und die Eigenheime erstrahlen im perfekt gepflegtem Glanz. Klingt irgendwie logisch, denn was hätten die vielen Menschen der westlichen Hemisphäre mit der nicht vorhersehbaren vielen Freizeit, gespendet durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit, sonst Sinnstiftendes machen sollen? Und obwohl trotz der ausgerufenen Krise für den Großteil der westlichen Bevölkerung alles im Überfluss vorhanden ist, fühlen sich ganz viele Menschen unzufrieden, als Verlierer des Systems, ausgebrannt und leer. Ein Gefühl, das aber nicht von CoVid19 verursacht wurde, sondern schon lange Zeit davor in weiten Teilen der Bevölkerung zu spüren war. Überfluss, Unzufriedenheit und das Fehlen der Sinnhaftigkeit im Hamsterrad der Routine, machen uns nicht nur geistig, sondern auch körperlich krank. Ist unser überzogener Lebensstandard doch mehr Fluch als Segen und macht uns dieser anstatt glücklich eher wohlstandskrank?

 

Unternehmen pumpen Unsummen an Geld in Werbung, damit die Konsumbereitschaft stets auf Neue angekurbelt wird und die Kauflust der Konsumenten niemals zum erliegen kommt. Gönne dir was, erfülle dir die von der Werbung suggerierten Bedürfnisse, kaufe dich frei. Denn je mehr du besitzt, desto größer wird deine persönliche Freiheit und Zufriedenheit werden. Das ist zumindest der große Plan des Turbokapitalismus. Und wie zufrieden seid ihr schon? Hat dieser Ansatz beim Erlangen von Zufriedenheit bei Euch schon funktioniert? Wie lange hat euer letzter Kauf - egal ob es die Handtasche der Frau oder der ultimative Akkuschrauber der Herren war - zufrieden gemacht? Einen Tag, eine Woche, ein Monat?

Was werden wir uns als Nächstes gönnen, um wieder für kurze Zeit glücklich zu sein?

 

Doch alleine die Wortwahl des Zieles ist falsch gewählt, denn permanent glücklich zu sein, kann niemals ein Dauerzustand werden. Es gibt besondere Glücksmomente, die uns das Leben versüßen, uns euphorisch werden lassen und damit unser Leben für kurze Zeit entspannt, unkompliziert, unbeschwert und frei erscheinen lassen. Aber von früh bis spät über viele Tage hinweg durchgehend glücklich zu sein, wäre eher unmenschlich und absolut unnatürlich. Stellt euch vor, alle Menschen würden ständig mit einem Dauerlächeln durch das Leben schreiten. Eine ziemlich abstruse Vorstellung. Würden wir nicht alle dazu neigen, über unser Gegenüber zu denken, dass er nicht alle Tassen im Schrank hat? Die vorgegaukelte Illusion der Werbeindustrie kann, mit ein bisschen kritischem Hausverstand hinterfragt, niemals das erstrebenswerteste Ziel für uns Menschen sein. Es ist vielmehr die Utopie einer Scheinwelt, dass immerwährendes glücklich sein, durch Anhäufung materieller Güter erreichbar wäre.

 

Ziele, egal ob private oder berufliche, sollten im Normalfall einigermaßen realistisch bzw. erreichbar sein und alleine deshalb, scheidet ewiges Glück mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit als Lebensziel aus. Es bedarf eines Zieles, welches nicht nur vom materiellen Reichtum abhängig ist, sondern eines Zieles, dass für viele Menschen erreichbar und machbar sein muss. Wie wäre es anstelle eines dauerhaft glücklichen Lebens, mit einem ZUFRIEDENEN LEBEN ?

Ein Leben welches Höhen und Tiefen kennt, ein Leben mit einer Balance aus Glück und Unglück, geben und nehmen, haben und wollen, brauchen und nutzen, arbeiten und ruhen, Liebe zu geben oder zu empfangen ...

 

Was läuft falsch? 

 

Diese Frage mit nur wenigen Sätzen zu beantworten wird wohl nicht möglich sein. Vielmehr wäre dafür ein eigenes Buch notwendig. Ich will es trotzdem mit ein paar wenigen Sätzen versuchen. Passend zum Zeitgeist - keep it short and simple oder versuche alles in einem Elevator Pitch, unter zu kriegen.

Dass die Auswüchse der Globalisierung, die damit verbundene Heiligsprechung des Kapitalismus, sowie ewiges Wirtschaftswachstum nicht des Rätsels Lösung sind, ist mittlerweile vielen Menschen bewusst. Wie lange wir noch brauchen werden, um diesen Irrweg zu verlassen, ist eine andere Geschichte. Doch alle großen Veränderungen haben im kleinen begonnen und daher sollten wir alle am besten bei uns selbst anfangen.

 

Was kann ich verändern? Wie kann ich meine Taten und Handlungen verändern? Wie kann ich mein Umfeld verändern? Stelle ich meine Bedürfnisse und Wünsche in den Vordergrund oder bin ich auch bereit zugunsten eines anderen auf etwas zu verzichten? Wie schaut es mit der Gleichberechtigung in meiner Partnerschaft oder Ehe aus? Bin ich bereit, Dinge zu teilen, oder will ich sie alle für mich alleine? Will ich Besitz anhäufen oder wäre auch der Gedanke von Shared Economy für mich eine Alternative? Zu wie viel Veränderung bin ich bereit, wenn es nicht die ANDEREN, sondern MICH betrifft?

 

All diese Fragen kann jeder nur für sich selbst beantworten, denn jeder hat das Recht auf seine ganz eigene Vorstellung vom Leben.

 

Was brauchen wir für ein gutes Leben?

 

Diesem Thema will ich mich in meinem nächsten Blogeintrag genauer widmen. Vorab sei nur gesagt, dass Unmengen an Geld oder der erhoffte Lottogewinn dafür nicht zwingend notwendig sind ...  


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