Die Zahlen waren dramatisch und wieder standen wir vor einem exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen. Gott sei Dank konnten die erstmaligen Herbstferien noch mal für massenhafte Freizeitaktivitäten genutzt werden, bevor die nächsten Schritte der Verschärfungen bzw. Einschränkungen bekannt gegeben wurden. Nach der kurzen Zeit der Lockerung führte laut Regierung kein Weg daran vorbei, am 3. November den nächsten Lockdown zu verkünden. Dieses Mal hatten wir trotzdem Glück im Unglück, denn die Regierung entschied sich nur für einen „weichen“ Lockdown.
Was war damit gemeint? Zum Beispiel gab es fünf statt vier Gründe das Haus zu verlassen, einen Shutdown von Kultur, Gastronomie und Amateursport, Mund-Nasen-Schutz, mindestens 1 m Abstand, Geschäfte und Schulen blieben teilweise offen und die Ausgangssperre war nur von 20 bis 6 Uhr. Klingt bei einer ersten Betrachtung nachvollziehbar und nicht wirklich so schlimm. Schaut man sich die Verordnung jedoch genauer an, wird es für einen durchschnittlich gebildeten Österreicher schon erheblich schwieriger. Für alle, die es jetzt noch interessiert, der Link zum genauen Gesetzestext.
Wenig überraschend funktionierte diese Art des Lockdowns genau so gut, wie die schwammigen Definitionen der Verordnung es erahnen ließen. Auch die Hoffnung, dass sich die Infektionszahlen durch die Selbstverantwortung der mündigen Bürger zum Positiven wenden würde, war wohl eher ein jäher Traum. Die Zahlen stiegen besorgniserregend in die Höhe und aus dem Musterland Österreich wurde ein Corona-Hotspot. Was war passiert? Wie konnte Österreich den nahenden Kollaps verhindern? Wer weiß es noch?... richtig geraten... Es war unumgänglich, den nächsten Lockdown-Schritt zu setzen. Nur ein „harter“ Lockdown konnte das aufbegehrende Monster Corona wieder in die Schranken weisen. Am 17. November 2020 war es dann soweit. Es folgte eine 24 Stunden Ausgangbeschränkung, welche von den Medien zur Dramatisierung gerne als Ausgangssperre bezeichnet wurde. Ein paar Auszüge aus der Verordnung sollen den Unterschied zwischen dem „weichen“ und „harten“ Lockdown verdeutlichen.
Gestattet blieb die Fahrt in die Arbeit, der Einkauf von "Grundgütern des täglichen Lebens", die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen, der Friedhofsgang oder auch der Besuche religiöser Einrichtungen. Komischerweise zählten auch Kaffeevollautomaten und jede Menge Unterhaltungselektronik in diversen Lebensmittelketten zu den Grundgütern des täglichen Lebens.
Der Aufenthalt im Freien zur "körperlichen und psychischen Erholung" war ein weiterer Ausnahmegrund. Spaziergänge oder die Ausübung von Individualsport konnte in der Nähe des Wohnortes aber auch sehr weit entfernt davon gemacht werden. Zur Erreichung dieser Erholungsorte dürfte man die öffentlichen Verkehrsmittel oder auch das Auto verwenden. Wie war das mit der 24 Stunden Ausgangssperre? Klingt irgendwie nicht ganz danach…
Thema Kontaktbeschränkungen. Eigentlich sollten wir nach Möglichkeit niemanden privat treffen, eine Bezugsperson der Wahl war aber auch ok und bei genauerer Recherche konnten es auch mehrere nahe Personen sein. Wie jetzt? Ist ja ganz einfach. Eine Familienfeier wäre zu viel. Logisch oder?
Der Handel wurde bis auf Ausnahmen (z. B. Agrar- und Tierfutterhandel, Tankstellen, Banken, Post, Trafiken, Abfallentsorger, Kfz-Werkstätten, Handyshops) geschlossen. Offenbleiben durften der gesamte Lebensmittelhandel sowie der Gesundheitsbereich. Alle "körpernahen Dienstleistungen" waren verboten. Dazu zählten Friseure, Kosmetiker, Tätowierstudios oder Masseure. Aber auch für diesen Bereich gab es wieder ein paar Ausnahmen der Ausnahmen.
Die gesamte Gastronomie blieb für den Kundenbetrieb geschlossen. Abholung von Speisen und Getränken war jedoch zwischen 6 und 19 Uhr gestattet. Lieferservices durften rund um die Uhr geöffnet haben. Für Firmen mit Großraumbüros gab es anscheinend keine speziellen Auflagen und somit durften diese ganz normal geöffnet sein. Warum Mitarbeiter in Großraumbüros von früh bis spät ohne spezielle Vorkehrungen arbeiten durften und die Gastronomie komplett zusperren musste, blieb für mich dabei ein großes Rätsel. Aber einer der vielen Experten wusste vermutlich, warum das so sein muss.
Beim Thema Arbeitsplatz gab es scheinbar eine klare Aussage. Wo es möglich war, wurde Homeoffice empfohlen und die berufliche Tätigkeit sollte "vorzugsweise" außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen. Dazu war zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Einvernehmen herzustellen. Und genau bei der Herstellung dieses Einvernehmens gab es dann leider öfters ein paar gröbere Hürden. Homeoffice wird von vielen Führungskräften nach wie vor eher mit Urlaub oder geringer Arbeitsleistung gleichgesetzt und somit sind viele ArbeitnehmerInnen – obwohl technisch und wirtschaftlich sinnvoll möglich – trotzdem vor Ort in ihren Büros gewesen. Das stets angepriesene Vertrauen in die Selbstverantwortung der eigenen Mitarbeiter war im Ernstfall eher nicht vorhanden und blieb nur eine leere und einstudierten Worthülse aus einer der letzten Managementseminare.
Alle Schulen wechselten wieder komplett ins Distance Learning. Für Betreuungszwecke blieben Pflichtschulen geöffnet und boten Lernbegleitung an. Diese konnte von allen SchülerInnen in Anspruch genommen werden, auch wenn die Eltern in keinem systemrelevanten Berufen gearbeitet haben. In den Kindergärten gab es auch keine Einschränkungen. Die versprochenen 4 Wochen Sonderbetreuung, die in diesem Lockdown im Bedarfsfall ohne Zustimmung des Arbeitgebers genutzt werden hätten können, waren in Wirklichkeit leider nur eine Marketingaktion. Zum Beispiel wurden Schulen trotz positiver getesteter Kinder nicht unter Quarantäne gestellt. Es wurden lediglich die Kinder und die Verdachtsfälle in Quarantäne geschickt und die Lernbegleitung wurde weiter angeboten. Somit gibt es auch keinen rechtlichen Grund oder eine Notwendigkeit für die Eltern, Sonderbetreuungszeit zu konsumieren. Aber welche Eltern schicken ihre Kinder in so einer Situation noch in die Schule?
Der harte Lockdown brachte jede Menge Verordnungen und Empfehlungen. Wie viele davon sinnvoll waren und von den einzelnen BürgerInnen eingehalten wurden, war eine ganz andere Geschichte. Trotz 24 Stunden Ausgangsbeschränkung(sperre) waren gewisse Straßen und Geschäfte sehr gut besucht. Kinderspielplätze und Berggipfel wurden förmlich gestürmt und Homeoffice war in diesem Lockdown nicht mehr in dem Ausmaß notwendig/gewünscht/verboten wie im Frühjahr. Über die rudimentären Kontrollen bestimmter Hotspots und die sogenannte Selbstverantwortung von uns allen kann trefflich diskutiert werden. Vor einer Anmaßung, was falsch und richtig sollte man sich hüten und dennoch ist kritisches Hinterfragen von Maßnahmen und Verordnungen in einem freien Land wie Österreich ein absolutes Muss.
Die Pandemie ist nach wie vor existent und leider noch immer nicht überstanden. Es ist somit nur eine Frage der Zeit, bevor die nächsten Maßnahmen verkündet werden. Freiwillige Massentests sind meiner Meinung nach nur ein weiterer, aber wenig zielführender Versuch, die Kontrolle endlich wieder zurückzugewinnen.
Bevor wir die nächsten Empfehlungen bekommen, sollten wir uns einfach an ein paar bekannte und nachvollziehbare Regeln halten:
Regelmäßiges Händewaschen, Vermeidung von Menschenmassen, Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz, viel frische Luft und Hausverstand einschalten!
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