Das Leben positiv sehen

Die Pandemie beschäftigt nach wie vor die ganze Welt und überflutet uns täglich mit zum größten Teil negativen Nachrichten. Die Gemüter sind gereizt, die Hoffnung auf ein schnelles Ende der Einschränkungen eher gering und trotzdem bin ich der Meinung, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, das Leben wieder positiv zu sehen. Wir Bürger der westlichen Hemisphäre jammern auf hohem Niveau, sind unzufrieden und können durch die Flut an Negativschlagzeilen das offensichtlich und vorhandene Positive nicht mehr erkennen. Wir sind in einer Blase des Pessimismus förmlich gefangen. Es ist höchste Zeit, diese Blase zu durchbrechen und die vielen kleinen positiven Dinge des Alltages, welche nach wie vor reichlich vorhanden sind, wieder neu zu entdecken.

 

Dieser Vorsatz ist einerseits wahnsinnig schwer und anderseits doch kinderleicht. Ein Paradoxon und gleichzeitig eine Einheit, welche gelebt werden muss, um das Schöne in der Welt wieder zu finden. Es ist vergleichbar mit Yin und Yang - das eine existiert nicht ohne das andere, und während wir uns bemühen, diesen Vorsatz umzusetzen, werden Achtsamkeit und Zufriedenheit unsere großen Lehrmeister werden. Der Duft des Frühstückskaffees, das unbeschwerte Lachen von Kindern, die ersten wärmenden Strahlen der Frühlingssonne, die frische unverbrauchte Morgenluft, alles ist reichlich vorhanden und trotzdem sehen und spüren wir es nicht mehr.

 

Funktionierend im Sog der Routine werden diese scheinbaren Unwichtigkeiten zur unsichtbaren Selbstverständlichkeit. Es ist an Zeit, den Panzer der Pessimismus zu durchbrechen und wieder ein Stück weit mehr im Hier und Jetzt zu leben. Öffnen wir unsere Augen für die vielen Facetten des Lebens und lassen uns von den mannigfaltigen positiven Erlebnissen des Tages reichhaltig beschenken. Verlassen wir die Irrwelten der unterschiedlichsten sozialen Medien, legen wir die Scheuklappen ab, hinterfragen wir die vielen Fake News und öffnen alle unsere Sinne für die Schönheiten unseres Planeten.

 

Diese Sichtweise und Ratschläge sind bedauerlicherweise nur für einen eingeschränkten Kreis der Menschheit sinnvoll und machbar. Richten wir unseren Blick nur ein paar Tausend Kilometer in eine andere Himmelsrichtung, finden wir eine völlig andere Welt mit unzähligen und massiven Problemen sowie menschenunwürdigen Rahmenbedingungen. Für diese Menschen klingen meine Worte wohl wie blanker Hohn.

 

Syrien befindet sich mittlerweile seit 10 Jahren im Krieg, was dazu führte, dass über 900.000 Menschen gewaltsam vertrieben wurden. Der Großteil der Geflüchteten sind Frauen und Kinder, welche besonders auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Die bestehenden Flüchtlingscamps sind überfüllt und sind alles andere als eine zumutbare Dauerlösung. Zusätzlich sind sie ein Pulverfass für eine schnelle Ausbreitung von COVID-Infektionen.

 

Schauplatz Jemen. Auch hier herrscht seit Jahren ein grausamer Krieg und die Bevölkerung leidet unter Gewalt, Hunger und Krankheit. Millionen Menschen fehlt der Zugang zu sauberem Wasser, ausreichend Nahrung oder einer medizinischen Grundversorgung. Täglich fallen Bomben, versetzen die Menschen in Angst und Schrecken und traumatisieren diese für ihr gesamtes weiteres Leben. 

 

Zwei ausgewählte Krisenregionen, welche uns exemplarisch die traurige Verteilungsungerechtigkeit und das unfassbare Leid auf der Erde vor Augen führen. Es gibt viel zu viele Krisenherde, egal ob sich diese in Afrika, Asien oder sonst wo auf der Welt befinden, die von uns Wohlstandsmenschen mehr oder weniger gekonnt ausgeblendet werden. Wir jammern über die Pandemie und den Verlust unserer Freiheitsrechte, während unsere scheinbar größte Sorge die Öffnung der Gastronomie ist, während zeitgleich Millionen Menschen ums nackte Überleben kämpfen müssen.

 

Keine Frage, auch mir geht das ganze Corona-Thema und die diversen Einschränkungen mittlerweile extrem auf die Nerven und ich sehne mich nach einer neuen Normalität. Dennoch ist es unsere menschliche Pflicht, uns auf unsere Vernunft zu berufen und die Verwirklichung unseres Egos und unserer Individualität hinten anzustellen und den vielen nicht privilegierten Menschen zu helfen. Wie diese Hilfe für jeden von uns aussieht und wie viel jeder bereit ist, dazu beizutragen, bleibt jedem selbst überlassen.

 

Wir alle dürfen dabei nur nicht vergessen, dass wir das große Glück hatten, zur richtigen Zeit am richtigen Ort geboren worden zu sein und Verzicht und Angst nur aus Erzählungen kennen. 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0