Vor langer Zeit lernte ich im Physikunterricht folgenden Merksatz:
“Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden. Sie kann lediglich von einer Form in eine andere umgewandelt werden. Dabei bleibt zwar die Menge der Energie in einem abgeschlossenen System konstant, der nutzbare Anteil der Energie aber ist je nach Umwandlung unterschiedlich hoch.”
Und ich denke, vielen von euch ist folgender Merksatz ebenso bekannt:
“Man lernt nicht für die Schule, sondern fürs Leben”.
Aber anscheinend haben der Großteil der Erwachsenen, Regierungsmitglieder und Führungskräfte doch eher für die Schule als fürs Leben gelernt oder in dieser Unterrichtseinheit vielleicht gefehlt. Ohne gleich ein großartiger Physiker sein zu müssen, verstehen wir alle, dass Energie nicht beliebig verbraucht werden kann. Obwohl es ziemlich einleuchtend ist, versuchen wir trotzdem mit aller Gewalt das Gegenteil zu beweisen und mehr Energie und Ressourcen zu verbrauchen, als die Erde uns geben kann.
Für die Erkenntnis, dass wir vollkommen von fossiler Energie und gewissen Staaten abhängig sind, musste anscheinend ein narzisstischer Diktator einen absolut sinnlosen Krieg lostreten. Nichtsdestotrotz will Österreich 2040 klimaneutral sein. In Kürze geht leider schon das Jahr 2022 zu Ende und selbst Optimisten hegen große Zweifel daran, dass wir in den nächsten 18 Jahren das schaffen, was wir in den letzten Jahrzehnten verschlafen haben.
Der große Wille für massive Veränderungen ist meiner Meinung nach ebenfalls nicht zu erkennen. Die Regierung spielt wieder einmal Feuerwehr und definiert ein paar Energiespartipps, wie Raumtemperatur senken, duschen statt baden, Gebäude sanieren oder mit dem Deckel kochen und hofft, dass der Großteil der Bevölkerung damit einigermaßen gut durch den kommenden Winter kommt. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns alle einig - damit werden wir die Energiekrise wohl nicht bewältigen können.
Nach wie vor kommen mehr als zwei Drittel des Erdgases aus Russland, haben wir 900.000 Gasheizungen installiert und ganze Industriezweige können ohne Erdgas schlichtweg nicht produzieren. Dieses Faktum werden wir mit den vorhin genannten Tipps wohl nicht in den Griff bekommen. Nichtsdestotrotz müssen wir ALLE so rasch wie möglich Energie sparen. Jeder Einzelne von uns soll der Umwelt, aber auch der eigenen Brieftasche zu Liebe so viel Energie wie möglich einsparen. Und damit beginnen wir nicht erst im Winter, sondern nach Möglichkeit gleich und führen das in Zukunft weiterhin fort.
Trotzdem stellen sich mir immer wieder einige widersprüchliche Fragen.
Warum werden weiterhin Unsummen in den Ausbau von Lärmschutzwänden und Autobahnen investiert, anstatt dieses Geld für einen massiven, flächendeckenden Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu verwenden?
Warum wird der Individualverkehr nicht endlich stärker beschränkt, sondern weiterhin ohne große Hürden zugelassen? PS-starke SUVs und Sportwagen, die teilweise annähernd so viel wie ein kleines Einfamilienhaus kosten, werden nach wie vor gebaut, verkauft und düsen durch die Lande. Wenn dieser Luxus dem einen oder anderen zumindest gegönnt werden soll, dann sollte dieser klimaschädliche Luxus zumindest massiv besteuert werden.
Warum werden private Pools ab einer bestimmten Wassermenge oder in einer radikalen Form für alle privaten Personen nicht verboten? Fast jeder Einfamilienhausbesitzer hat mittlerweile einen Pool, der meistens weit mehr als 30.000 Liter Trinkwasser für eine Füllung benötigt. Wie viele Liter Trinkwasser könnten mit einer einfachen Maßnahme pro Jahr gespart werden, während im Gegenzug Freibäder sich wieder über mehr Gäste freuen würden.
Warum glauben noch immer so viele Menschen, dass man alles selbst besitzen muss? Gemeinsame Nutzung von Infrastruktur, Teilen oder Mieten von Gebrauchsgegenständen sind sowohl für die Umwelt als auch für die Nutzer wesentlich ressourcenschonender. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, zu überprüfen, wie viele Dinge ungenutzt im Keller verstaut sind oder nur sehr selten verwendet werden?
Warum müssen Betriebe weiterhin im 3-Schicht-Betrieb produzieren, wenn angeblich die Ressourcen schon knapp werden? Weil der wirtschaftliche Bedarf dringend gedeckt werden muss oder weil schlussendlich in vielen Bereichen weiterhin der maximale Profit rausgeholt werden will? Im krassen Widerspruch dazu steht die Aussage, dass Autofahrer mit 100 km/h auf der Autobahn fahren sollen, während die Industrie mit “Vollgas” weiter produzieren darf.
Jetzt ist Schluss mit “Warum”, obwohl die Liste der offenen Fragen noch sehr lange weitergeführt werden könnte und versuche stattdessen ein Fazit für dieses Dilemma zu finden.
Die Klimakrise ist trotz gewisser Gruppen an Leugnern traurige Realität und bedeutet mittlerweile für sehr viele Menschen noch mehr Hunger, noch mehr Überflutungen und noch mehr Dürre. Das Paradoxe und gleichzeitig einzig Positive an dieser tristen Situation ist, dass jede und jeder von uns seinen Teil zur Verhinderung des Klimakollapses beitragen kann. Wie viel dabei jede und jeder Einzelne von uns dazu beiträgt, bleibt jedem selbst überlassen. Es ist völlig egal, mit welchem kleinen Schritt wir zur Verhinderung des Klimakollapses beitragen, denn jeder positive Beitrag ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch viele kleine Schritte werden schlussendlich was großes Bewirken und ich bin überzeugt davon, dass der Wohlstand, der für ein gutes Leben notwendig ist, nur minimal verringert werden muss. Die künstlich geschürte Angst, unseren hart erarbeiteten Wohlstand zu verlieren, betrifft vielmehr den Konsum von Materiellen und der Gewinnmaximierung als den tatsächlichen Verlust des Wohlstandes, der für den Großteil der Menschen bei Weitem ausreichend ist.
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