Vor Kurzem hörte ich zufällig im Radio die Ergebnisse einer Umfrage zum Thema “Was würdest du machen, wenn du eine Million Euro gewinnst?” und war von den Aussagen, um es vorsichtig zu formulieren, irritiert.
Die "Best off" waren:
“Eine Villa am Meer” oder “Viel gutes Essen - also Pizza und Kebab” oder “Ein schickes Auto, ein nettes Haus und Urlaub".
Auch wenn diese Umfrage nicht repräsentativ war, stimmen mich die genannten Antworten doch nachdenklich, da die befragten Personen keine Kinder, sondern Jugendliche und angehende Erwachsene waren.
In Österreich dürfen alle Kinder mindestens neun Jahre Schulausbildung genießen oder zumindest über sich ergehen lassen und in Anbetracht der genannten Antworten stellt sich die Frage “Was haben die befragten Personen 9 Jahre lang in der Schule gemacht?"
Der gute alte “Billa-Hausverstand” ist bei dem vielen angehäuften Wissen wohl langsam, aber sicher verloren gegangen. Für einfaches Schätzen oder grundlegendes Zahlenverständnis ist anscheinend kein Platz mehr im vollgestopften Bildungsplan. Anstatt der Masse der Schüler weniger Lerninhalte so beizubringen, dass diese auch wirklich verstanden werden, lautet die Devise anscheinend noch immer: Der Bildungsplan, egal ob zeitgemäß oder nicht, muss mit aller Gewalt durchgedrückt werden.
Ich habe durchaus Verständnis für das Lehrpersonal, das sich an die Rahmenbedingungen des Ministeriums halten muss, aber das sich mittlerweile seit fast drei Jahrzehnten - zumindest was meine Schullaufbahn betrifft - wenig bis nichts an den grundlegenden Inhalten des Bildungsplanes geändert hat, finde ich sehr bedenklich und traurig.
Ein Beispiel, welches mich bereits vor 36 Jahren wegen völliger Sinnlosigkeit ärgerte:
Beschreiben sie den Aufbau von Farnen:
Rhizom, sproßbürtige Wurzeln, Blattspindel, Fieder, Sorus
Wie wichtig ist es in der Unterstufe, egal ob Mittelschule oder AHS, diese Details zu kennen?
Wenn jemand später Biologie studiert und sich in den Details von Fauna und Flora vertieft, dann macht er dies aus eigenem Antrieb und viel innerer Motivation, aber sich diese Begrifflichkeiten mühevoll ins Hirn zu trichtern, um sie beim nächsten Test auszukotzen, hat für mich nach wie vor wenig Sinn.
Warum ist dieses Thema im Bildungsplan nach wie vor wichtig? Dieses Wissen ist wohl nur sehr bedingt für das zukünftige Leben von Relevanz …
Auch die reichlich späte Erkenntnis, dass digitale Bildung im 21. Jahrhundert auch in den Schulen langsam Einzug halten sollte, ist grundsätzlich zu begrüßen, wenngleich die Anschaffung von Tablets und Notebooks leider viel zu kurz greift. Wie schon bei den analogen Fertigkeiten angemerkt, nützt es wenig, das nicht verstandene elektronisch abzubilden. Wenn der schlaue Taschenrechner beim Versuch, die Zahlen 10 und 10 zu addieren, als Ergebnis 30 liefert und dieses Ergebnis ohne jegliches Zahlenverständnis als gegeben hingenommen wird, bringt die Verwendung des besten elektronischen Werkzeuges nichts.
Und jetzt kommt das seit Jahrzehnten bekannte Fazit:
Die Klassengrößen sind nach wie vor zu groß und eine ambitionierte Förderung der jeweiligen Stärken und Schwächen schwer zu finden. Es wird gelehrt, was mehr oder weniger schon immer gelehrt wurde, weil es im Bildungsplan so vorgesehen ist. Zeit für individuelle Förderungen und Bedürfnisse gibt es im “System Schule” nach wie vor eher selten. Wird das Gelernte nicht verstanden oder schnell genug erfasst, soll Nachhilfe dieses Manko ausbügeln. Doch wenn Kinder bereits im Volksschulalter Nachhilfe benötigen, um absolutes Basiswissen zu verstehen, sollten die Alarmglocken schrillen. Was läuft alles falsch, wenn nur ein paar wenige den vermittelten Lehrstoff beherrschen und die große Masse eher recht als schlecht dem Unterricht folgt.
Die Konsequenzen, die ausschließliches Lernen für Test und Schularbeit haben, können wir wahrscheinlich alle bestens beantworten. Spätestens nach Erlangen, einer positiven Note, kann und wird der Großteil des Gelernten wieder vergessen. Nachhaltigkeit - Fehlanzeige!
Es bleibt die vage Hoffnung, dass sich das Bildungssystem vielleicht in den nächsten Jahren endlich ändert und unsere Kinder oder zumindest die kommenden Generationen Bildung erfahren und nicht weiter Marionetten bei der Umsetzung eines antiquierten Bildungsplanes sind.
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