Soziale Hängematte oder mehr Leistung ?

 

So konträr die beiden Ansätze klingen mögen, so bedingungslos gehören sie zusammen. Weder die “soziale Hängematte” noch der reine “Leistungsgedanke” werden unsere Wohlstandsgesellschaft retten können, geschweige uns Menschen glücklich machen. Eine schnelle und einfache, damit eigentlich populistische Antwort ist: “Wir brauchen beides!”

 

Ich finde die Idee, viele meinen eher eine utopische Vision des “bedingungslosen Grundeinkommens” einen durchaus guten und legitimen Ansatz, um auf der Erde mehr Verteilungsgerechtigkeit zu schaffen und auch das größte Gegenargument “Das kann keiner finanzieren …”, schlichtweg für falsch. Es gibt genügend Beispiele und Studien, wie ein solches System finanziert werden kann, aber natürlich nur dann, wenn man auch bereit ist, die vielen vorhandenen “Systemprobleme” zu ändern. Teilweise werden diese Änderungen gewaltig sein müssen und somit den einen oder anderen Teil der Gesellschaft gehörig stören, wenn nicht sogar schmerzen. Aber Veränderung kann eben nur dann stattfinden, wenn man bereit ist, Bestehendes hinter sich zu lassen und offen für neue Wege, Ansichten und Visionen ist.

Ein plakatives Beispiel gefällig? 1886 meldete Carl Benz das Patent für das erste Auto an. Wer hätte es damals für möglich gehalten, dass im Jahr 1957 die erste Rakete ins Weltall geschickt werden wird?

 

Bleiben wir noch ein wenig bei den aktuellen Tagesthemen der Medien, welche in den letzten Wochen gefühlt ständig präsent waren - Arbeitslosenquote, KV-Erhöhungen jenseits von 10 %, mehr Vollzeit statt Teilzeit, weniger Staat, mehr Leistung usw.

Die gemeldeten Arbeitslosenzahlen des AMS waren in den letzten 10 Jahren mehr oder weniger konstant um die 300.000 Personen. Ohne diese Zahl näher zu bewerten, kann ein einfacher Rückschluss gezogen werden. Der bisherige und langjährige Weg des AMS konnte das Problem nicht wirklich nachhaltig lösen. Jahr für Jahr werden 300.000 Personen verwaltet, bekommen ein AMS-Geld, das nach kryptischen Kriterien und Bezugszeiträumen berechnet wird und viele werden ebenfalls nach solchen Kriterien vermittelt, was oft zur Folge hat, das sie ein paar Monate später schon wieder als Neukunde aufschlagen. Der durchschnittliche Tagessatz für Arbeitslosengeld in Österreich beträgt circa 35 Euro - das sind 1.050 Euro pro Monat. Nimmt man für eine schnelle Rechnung nur diesen Betrag als Basis für einen Teil der Finanzierung eines "bedingungslosen Grundeinkommens”, könnten damit ohne viel Aufwand (1050 x 300.000) 315 Millionen EUR lukriert werden. Und da sind noch keine Kosten wie Schulungsmaßnahmen, Lohnkosten der AMS-Mitarbeiter usw. berücksichtigt.

 

Das bedingungslose Grundeinkommen ist bei genauerer Betrachtung kein Förderinstrument für die “soziale Hängematte”, sondern lediglich eine Art von Grundsicherung, um die persönliche Wahlfreiheit für die Erwerbsarbeit zu erhöhen. Studien hin oder her, wenn man will, wird man immer eine Studie finden oder notfalls eine beauftragen, um die jeweilige Meinung zu untermauern. Im Grunde gibt es bei dieser Diskussion kein richtig oder falsch, sondern es sind Ansätze, um das bestehende System zu verändern. Dass in unserer Gesellschaft, in welcher Neoliberalismus und Globalisierung als Lösung für alles beschworen wird, leider trotzdem genügend Probleme vorhanden sind, ist auch ohne Studien für alle offensichtlich.

Kommen wir zum nächsten Schlagwort “mehr Leistung” und damit zu den vielen netten Parolen aus den verschiedenen politischen Lagern: “Wir brauchen mehr Vollzeitarbeitsplätze!”, “Wir brauchen mehr Kinderbetreuungsplätze, damit auch Frauen Vollzeit arbeiten können!”, “Leistung muss sich wieder lohnen - mehr Netto vom Brutto!”, “Wir müssen länger und mehr arbeiten, damit wir auch weiterhin unseren Wohlstand sichern können! ”... man kann sie einfach nicht mehr hören.

 

Ich glaube, dass grundsätzlich nur sehr wenige Menschen es sich in der “sozialen Hängematte” bequem machen wollen, weil der Mensch von Natur aus etwas bewegen, etwas schaffen, etwas Sinnstiftendes tun will.

Der Begriff “Leistung” wird generell fragwürdig verwendet, da dieses Wort anscheinend nur in der Erwerbswelt gültig ist. Die vielen unentgeltlichen Tätigkeiten in der Kinderbetreuung, der Pflege oder den ehrenamtlichen Engagements werden weder als “Leistung” gesehen noch bewertet. Auch diese Fehlinterpretation des Begriffes “Leistung” könnte durch eine Art von “Grundeinkommen” entschärft werden. Es wäre ein Hebel von vielen, den wir umsetzen könnten, um einerseits mehr Verteilungsgerechtigkeit und andererseits mehr Leistung durch intrinsische Motivation zu fördern.

 

Schlussendlich geht es nicht um Begrifflichkeiten wie “soziale Hängematte” oder “Leistung”, sondern um sinnvolle Rahmenbedingungen für eine Gesellschaft, die von Natur aus bereit ist, Leistung zu erbringen, wenn diese dementsprechend entlohnt und wertgeschätzt wird und all jene Menschen unterstützt, welche die Mindestleistung für ein gutes Leben aus eigener Kraft nicht schaffen. Denn in einer Welt voller gebildeter Menschen sollte kein Mensch ein Bittsteller für soziale Almosen sein müssen. 


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